Haben Sie chronische Rückenschmerzen, ständig einen verspannten Nacken oder schmerzempfindliche Muskulaturbereiche? Das lange Zeit unterschätzte Bindegewebe kann dafür ein Auslöser sein – und bei der Heilung helfen. Die Faszien ziehen sich wie eine Datenautobahn durch unseren Körper und steuern Schmerzempfinden und Wohlgefühl. Darum sollten wir sie genauso trainieren, wie unsere Muskulatur!
Wenn sie für Rückenschmerzen keine eindeutige Ursache ausmachen konnten, waren Ärzte und Patienten früher oft ratlos. Seit einigen Jahren ist jedoch ein neuer möglicher Grund für die Beschwerden im Gespräch: Die Faszien. Wenn sie verklebt sind, soll das Schmerzen zur Folge haben. Doch was sind Faszien überhaupt?
Bei Faszien handelt es sich um ein netzartiges, reißfestes und vor allem auch elastisches Bindegewebe. Ob Rücken, Beine oder Po – Faszien befinden sich quasi überall im Körper und umgeben einzelne Muskelfasern, Muskelstränge, Muskelgruppen und Organe aber auch Sehnen und Knochen. Gleichzeitig verbindet die Gewebsschicht die Bestandteile des Körpers miteinander.
Faszien heben sich von anderen Gewebsschichten aufgrund ihrer weißen, leicht durchsichtigen Farbe ab. Mit einer Dicke von nur wenigen Millimetern ist diese Schicht vergleichsweise dünn.
Neben gekreuzt verlaufenden Kollagenfasern und Elastin – zwei Stütz- und Strukturproteine des menschlichen Körpers – enthalten Faszien vor allem viel Wasser und Bindegewebszellen. Zusätzlich befinden sich im Gewebe Nervenzellen und Rezeptoren zur Sinneswahrnehmung. Letzteres ist noch nicht lange bekannt. Zuvor galten Faszien in der Medizin als bloße Hülle. Was die Funktionen sind und welche Bedeutung Faszien möglicherweise haben, blieb zunächst unerforscht.
Aufgaben der Faszien?
Allgemein haben Faszien im Körper die Aufgabe, verschiedene Bereiche zu umschließen und ihnen dadurch Form und Stabilität zu geben. Muskelfaszien – also die Faszien, die Muskeln umgeben – haben darüber hinaus noch weitere Aufgaben: Einzelne Muskeln von ihren „Nachbarn“ zu trennen – die Reibung der Muskeln untereinander zu verhindern – Kräfte von einem Muskel auf den anderen zu übertragen.
Zudem geht die Wissenschaft inzwischen davon aus, dass auch die Faszien selbst sich zusammenziehen (kontrahieren) können. So sollen sie beispielsweise Muskeln bei federnden Bewegungen und Sprüngen unterstützen.
Wichtige Funktionen der Faszien sind demnach auf die Beweglichkeit des Körpers und eine leichtere Arbeit der Muskeln ausgerichtet. Laufen diese Vorgänge nicht mehr reibungslos ab, kann das an verklebten Faszien liegen. Darin soll eine häufige Ursache von Rückenschmerzen und anderen Beschwerden liegen.
Verklebte Faszien!
Idealerweise erscheinen die einzelnen Fasern der Faszien als wellenförmig angeordnete Gitter, wenn sie mithilfe von medizinischen Geräten betrachtet werden. Diese Anordnung ermöglicht die Stabilität und Elastizität dieser Gewebeschicht, das heißt, die Faszien sind dadurch dehnbar und reißfest.
Infolge verschiedener Faktoren können die Faszien sich jedoch verdrehen, verhärten oder verfilzen – die Rede ist dann von verklebten Faszien. Vom Aussehen her erinnern sie dann an verfilzte Wolle. Mögliche Ursachen dafür sind Bewegungsmangel, Verletzungen, Stress, Überlastung einzelner Bereiche (z.B. durch zu hartes Training) oder einfach fortgeschrittenes Alter. Infolge verklebter Faszien kann die Bewegungsfreiheit eingeschränkt sein und Schmerzen können entstehen. Insbesondere Nacken-, Schulter- und Rückenschmerzen werden heutzutage vermehrt mit harten und verklebten Faszien in Verbindung gebracht.
Der genaue Zusammenhang ist dabei noch nicht geklärt. Möglicherweise fühlen Menschen mit verklebten Faszien Schmerzen, da die zahlreichen Schmerzrezeptoren die Veränderung im Gewebe wahrnehmen und als Signale ans Gehirn übermitteln. Die Beschwerden liegen jedoch vielleicht auch daran, dass die Faszien an den Muskeln kleben und so das reibungslose Gleiten oder das Zusammenspiel von Muskel und Faszie allgemein gestört ist.
Sind die Faszien verklebt, können Betroffenen bei der Behandlung verschiedene Ansätze helfen. Da verklebte Faszien eine mögliche Ursache von Rückenschmerzen sind – auch bei chronischen Beschwerden – kann sich eine entsprechende Therapie lindernd auf die Schmerzen auswirken.
Als Behandlungsmöglichkeiten sind vor allem das sogenannte Fasziendistorsionsmodell (FDM) und das Rolfing bekannt. Beide arbeiten mit bestimmten Handgriffen, welche die Faszien lösen und den Körper zugleich dazu animieren sollen, neues Kollagen zu produzieren. Hinzu kommt Bewegungstraining, das häufig mithilfe einer Faszienrolle durchgeführt wird.
Wer seine verklebten Faszien behandeln möchte, kann sich dafür unter anderem an einen Physiotherapeuten oder Osteopathen wenden. Das Faszientraining mit spezieller Rolle können Betroffene in ihren eigenen vier Wänden durchführen, allerdings ist es auch hierbei empfehlenswert, die richtige Handhabung der Rolle vorher unter professioneller Anleitung zu erlernen.
Durch dauerhaften Stress, zu wenig Bewegung oder zu starke sowie ungünstige körperliche Belastung können die Faszien verkleben. Es gilt diese Verklebungen durch das Faszientraining wieder zu lösen. Das Training für die Faszien hat Studien zufolge eine Reihe von wertvollen Auswirkungen auf Sportler, aber auch auf weniger Aktive. Es steigert die Flexibilität, beschleunigt die Regeneration und reduziert die Tendenz zu Muskelkater! Wichtig für Frauen: Faszientraining kann Cellulite entgegenwirken und strafft das Bindegewebe.
Wie funktioniert Faszientraining?
Beim Faszientraining denkt jeder direkt an die mittlerweile in jedem Fitnessstudio vorhandene Faszienrolle. Dabei steckt hinter den Workouts für das Bindegewebe viel mehr. Das Training rund um die Faszien setzt sich laut Dr. Schleip, einer der führenden Faszienforscher, aus drei verschiedenen Bestandteilen zusammen:
Elastische, federnde Bewegungen!
Durch die Springübungen aktivieren Sie die Vernetzung der Faszien. Die Faszienhülle bekommt durch das Hüpfen eine bessere Vorspannung. Zusätzlich haben federnde Bewegungen noch positive Effekte auf die beteiligten Muskeln.
Langkettiges Dehnen!
Auch das Dehnen ist Bestandteil des Faszientrainings. Langkettige Dehnübungen sind dabei laut Dr. Schleip besser für das Fasziennetz als kurzkettige. Das heißt: „Beim Faszientraining würde man zum Beispiel gleichzeitig den Kopf nach oben drehen und den linken Arm zurücknehmen, um die Dehnung über mehrere Gelenke auszuweiten“, erklärt der Faszienforscher. Es ist kein Zufall, dass die Faszien-Dehnungen an Yoga-Übungen erinnern, denn auch Yoga wirkt sich positiv auf die Flexibilität der Faszien aus.
Training mit der Faszienrolle!
Das Workout mit einer Faszienrolle, zum Beispiel der Blackroll, ist das wohl bekannteste Faszientraining – und eine sehr wirksame Eigenbehandlung. Dabei wird mit einer festen Schaumstoffrolle gearbeitet, die es in verschieden Stärken gibt. Dadurch wird die Durchblutung der einzelnen Körperteile gesteigert und für eine Stimulation des Bindegewebes gesorgt.